Eine Fotoreportage von Urs Beyeler

Der Fotograf Urs Beyeler ist am 8. August 1925 in Bern geboren. Sein freies Werk, das bisher mehrheitlich unpublizierte blieb, entstand mitunter auch in den Alpen. Dort besuchte er unter anderem die Kraftwerk-Baustellen am Lago del Sambuco im Val Lavizzara oder im Val Luzzone, einem Seitental des Val Blenio im Tessin.

Urs Beyeler kam nach einer Lehre als Elektromechaniker zur Fotografie: «Nach der Lehre bei der Autophon in Solothurn hatte ich das Bedürfnis, noch etwas anderes zu lernen. Bei der Firma Wild in Heerbrugg (heute Leica Geosystems AG), wo der später als Naturfilmer bekannte Hans A. Traber die Abteilung Mikroskopie leitete, liess ich mich in der Mikrophotographik ausbilden. Als Abschluss dieser Ausbildung machte ich eine Arbeit über Schneekristall-Photographik auf dem Jungfraujoch und im Lawineninstitut Weissfluhjoch bei Prof. Alfred / Francis de Quervain. Diese Arbeit wurde vom Verlag Bucher in Luzern veröffentlicht.» (Camera Nr. 12, Dezember 1959). Später wurden seine Arbeiten etwa auch von der Monatszeitschrift DU publiziert. Hauptberuflich arbeitete Urs Beyeler u.a. bei Ciba-Geigy in Basel und Marly.

Die hier gezeigten Fotografien entstanden zwischen Juli 1956 und März 1960. Fünfmal reiste Urs Beyeler während dieser Zeit vom Flachland aus ins Bergell. In der Tradition der Fotoreportage erzählt Una giornata sull’Albigna (Ein Tag auf Albigna) eindringlich vom Baugeschehen hoch über dem Tal, von den daran beteiligten Menschen, aber auch vom Blick des Fotografen auf eine in Sich geschlossene Welt. Die Serie wurde von Urs Beyeler eigens für diese Ausstellung arrangiert und wird nun erstmals einem grösseren Publikum gezeigt.

Der Ablauf folgt gewissermassen dem Bauprozess: Der Fotograf würdigt die hochgelegene, unberührte Naturlandschaft vor dem Baubeginn ebenso wie die im Staub des Pressluftbohrers sich abzeichnenden Arbeiter Er hat sowohl einen Blick für die monumentalen, industriellen Bauinstallationen wie für den einzelnen Menschen. Auch die beiden Künstler, Emil Zbinden und Eugen Jordi, denen Beyeler vor Ort begegnete, hielt er bei ihrer Tätigkeit fest.
Die Serie veranschaulicht die Komplexität der Bauarbeiten und auch das Zusammenspiel der unzähligen Faktoren, die für das Gelingen des Staumauerbaus nötig waren. Auf dokumentierende Nahaufnahmen folgen übersichtliche Weitblicke. Die von Beyeler gewählte Bildsprache ist stets ausgeprägt und klar, die Bildkompositionen sind mit Bedacht gewählt. Man könnte in ihm einen Anhänger der sozialen Dokumentarfotografie eines Jakob Tuggener vermuten.


Text: Etienne Wismer /Jürg Spichiger


Urs Beyeler